Samstag, 9. Mai 2015

9 Mai

Na ? Doch nicht?

Nun, ich hatte es versucht: Aldo mit ausgestreckten Armen zu zeichnen. Aber er wollte nicht. 
Er sperrte sich gegen meine Stifte, so lange, bis das da unten bei rauskam. Er ist eben immer noch nicht darüber hinweg. Wie auch? 

Heute, vor 37 Jahren ist es passiert. Mario Moretti, Führungsmitglied der Brigate Rosse, der zweit Tage zuvor noch Frau Moro angerufen hatte um sie anzuflehen, sie solle doch die Regierung beeinflussen auf dass Aldo nicht sterben müsse.  Er vollstreckte in den frühen Morgenstunden das Todesurteil.
Es war keineswegs unumstritten. Einige BR Mitglieder warben heftig dafür, Aldo lebend gehen zu lassen. Moretti aber, der wie erwähnt, Frau Moro "um Hilfe" bat und nach eigenen Angaben "tiefes Mitgefühl mit Aldo" empfand, bestand nicht nur auf der Tötung, er bestand auch darauf, diese höchstselbst vorzunehmen.  

Über den genauen Ablauf des Mordes gehen die Berichte auseinander. Mehr oder weniger alle Brigatisti versichern, dass es ihnen wichtig gewesen sei dass Aldo nicht leiden müsse, weshalb man ihm vor dem Gang zur Schlachtbank alles mögliche erzählt habe; er könne jetzt nach Hause, er würde nur in ein anderes Versteck gebracht und was weiss ich noch alles.

Ich bin mir sicher, er hat sehr wohl gewusst, dass es nun zu Ende geht. 

Später weinten einige BR Mitglieder an Aldos Grab und Cossiga, der Inneminister, der ihn ebenfalls fallen gelassen hatte, weinte ebenfalls. Viele Tränen, die allesamt mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhielten als jene von Aldo Moro selber.

Immer noch ergibt das alles keinen Sinn, kann nichts, aber auch gar nichts gutes daraus transfiguriert werden. 
Der Fall Aldo Moro steht im krassen Widerspruch zu allen schönen Mutmacher Sprüchen, vom Sanften, das stärker sei als das Harte, von der Geduld, die sich auszahle undsoweiter. Es gibt keinen Trost, keine erbauliche Lehre in dieser Geschichte. 

Im Klappentext des französischen Buches, in dem ein Teil von Moros Briefen veröffentlicht sind,  steht : 
"Aldo Moro war eine der schönsten und liebenswürdigsten Figuren des 20 Jahrhunderts. Seine Botschaft, wonach in jeder Situation Die Wahrung von Leben Vorrang hat und Diplomatie vor Gewalt geht, hat, obwohl er selber damit verloren hat, bis heute Gültigkeit".

Betrachtet man die Welt von heute, so kann ich nur erkennen, dass die Botschaft weniger denn je Gültigkeit hat. Tat sich die Brigate Rosse wenigstens noch richtig schwer mit ihrer Entscheidung, Aldo zu töten, so haben heutige Terroristen kein Problem damit, pro Tag mehrere hundert Menschen abzuschlachten.

Warum ich das gerade alles schreibe? Ich bin auf Pilgerfahrt für Aldo, auf der Suche nach den verborgenen Tränen. 

Und heute ist sein Todestag.


2 Kommentare:

  1. Da gibt es nichts zu verstehen. Es ist einfach die infame Machtdemonstration einer Nation, die sich als Weltpolizei versteht und auch nicht davor halt macht, personae non gratae aus dem Weg zu schaffen. Was man tun kann? Opportunismus vermeiden, immer und immer wieder, so wie du es tust. Danke für deinen Einsatz!!!

    AntwortenLöschen